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Freundschaft auf Reisen

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Fragst du dich „Wie kann man so lange weg sein von der Familie und den Freunden, ganz allein? Immer nur diese kurzfristigen und unverbindlichen Bekanntschaften – das muss doch wahnsinnig oberflächlich sein! Das wäre nichts für mich!“ dann gebe ich dir hier meine Antwort.

Der Schlüssel sind die Freunde. Reisefreunde. Ein besonderes Phänomen, was ich nur in der Fremde erlebe. Denn freundschaftliche Beziehungen funktionieren ganz anders wenn man reist.

Ja es stimmt. Viele Begegnungen sind oberflächlich und beschränken sich auf ein paar Stunden gute Laune und Informationsaustausch. Das ist okay, aber nicht besonders intim.
Doch in einigen Fällen entwickelt sich eine interessante Dynamik, die ich so zu Hause nicht erlebt habe. Es entstehen temporäre, aber nahe Freundschaften. Klingt paradox. Ich will versuchen es zu verstehen und zu erklären.

Allein
Ich bin allein unterwegs, selbstbestimmt. Trotzdem bin ich auch Kontakt angewiesen, und ich reise nur allein, weil ich weiß, dass ich ihn bekomme. Denn alle funktionieren so, und so finden wir uns.

Tolerant
Reisen fördert meine tolerante Seite. Auch was Leute angeht. Und: Es braucht seine Zeit, bis eine liebenswerte Marotte zu einem nervigen Ärgernis wird. Solange ist man meistens nicht zusammen, zum Glück.

Kurzfristig
Die absehbare Halbwertszeit der gemeinsamen Zeit entspannt ungemein. Jeder ist frei, eigene Wege zu gehen, wenn man keine Lust mehr hat. Man muss keine Konsequenzen befürchten.

Gemeinsam
Auch wenn man grundverschieden ist – eine Gemeinsamkeit besteht immer: Die Liebe zur Reiserei. Das verbindet ungemein, und es gibt eine Fülle an Themen die man besprechen kann, Pläne schmieden, Aufgaben, Verantwortung und Entscheidungen teilen. Zusammen ist manches einfacher.

Persönlich
All diese Gründe bewirken, dass schon in wenigen Stunden eine sehr nahe und offene Beziehung entstehen kann (nicht muss). Es gibt nahezu keine Tabuthemen, man erzählt von sich und seiner Vergangenheit, hört zu und kommentiert. Was zu Hause Monate dauert, bis man sich öffnet, passiert hier im Zeitraffer. Man lebt in denselben Zimmern, schläft vielleicht sogar im gleichen Bett, erlebt sich geschminkt und ungeschminkt. Meist ohne jede sexuelle Dimension. Seltsam, doch völlig natürlich.

Es gibt viele verschiedene Abstufungen, wie nah eine solche Freundschaft werden kann. Ob sie die kurze Zeit überdauert, oder damit ein Ende findet – auch das ist völlig okay. Sie ist einer der wichtigen Gründe, weshalb ich allein reise, und zugleich die Voraussetzung.

Mit einer über Jahre gewachsenen Beziehung daheim ist die Reisefreundschaft nicht vergleichbar, und weit weniger wichtig. Aber sie überbrückt die Zeit ohne Familie und Freunde – und bereichert mich gleichzeitig durch die vielen verschiedenen Charaktere, die ich kennenlerne.

Und in ganz seltenen Fällen ist es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.


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